Die Unternehmensnachfolge stellt für viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Deutschland eine bedeutende Herausforderung dar. Eine große Anzahl von Unternehmerinnen und Unternehmern steht vor der Entscheidung, ihre Geschäfte aufzugeben, da geeignete Nachfolger fehlen. Insbesondere im Zeitraum bis 2028 planen etwa 106.000 Inhaber jährlich ihren Rückzug aus dem Berufsleben. Diese Situation birgt nicht nur wirtschaftliche Risiken, sondern auch gesellschaftliche Herausforderungen. Ein vielversprechender Lösungsansatz liegt in der Aktivierung von Migranten, die oft unternehmerische Fähigkeiten und eine Vielzahl an Perspektiven mitbringen.
Der demografische Wandel in Deutschland hat gravierende Auswirkungen auf die Unternehmenslandschaft. Immer mehr Geschäftsinhaber erreichen das Rentenalter, während gleichzeitig die Zahl junger Menschen im erwerbsfähigen Alter abnimmt. Insbesondere in Städten wie Hamburg, wo bis 2026 etwa 5.800 Familienunternehmen zur Übergabe anstehen, ist die Unsicherheit hoch, wie viele dieser Unternehmen tatsächlich einen Nachfolger finden werden. Laut dem „Unternehmensnachfolge“-Report des Deutschen Industrie- und Handelskammertags denken bereits 28 Prozent der übergabebereiten Unternehmen über eine Schließung nach. Dies verdeutlicht die Dringlichkeit, alternative Nachfolgelösungen zu finden.
Migranten könnten in diesem Kontext als wertvolle Ressource angesehen werden. Sie bringen oft nicht nur einen ausgeprägten Unternehmergeist, sondern auch innovative Ideen und Kenntnisse aus ihren Herkunftsländern mit, die für die Weiterentwicklung von Unternehmen von großer Bedeutung sein können. Um diese Potenziale zu nutzen, ist jedoch eine gezielte Unterstützung erforderlich. Migranten stehen beim Übergang in die Unternehmensführung vor einer Vielzahl von Hürden, darunter Sprachbarrieren, Schwierigkeiten bei der Anerkennung von Qualifikationen und unzureichendes Wissen über das deutsche Wirtschaftssystem. Auch der Zugang zu branchenspezifischen Netzwerken gestaltet sich oft schwierig, was eine Gründung oder Übernahme zusätzlich kompliziert.
Die bestehenden Beratungsangebote sind in der Regel auf eine homogene Zielgruppe ausgelegt und erreichen Menschen mit Migrationshintergrund nur unzureichend. Oft fehlen den Beratenden die interkulturellen Kompetenzen, um die spezifischen Bedürfnisse dieser Gruppen zu erkennen und zu bedienen. Zudem haben Migranten häufig eingeschränkten Zugang zu finanziellen Ressourcen und Informationen, was ihre Chancen auf eine erfolgreiche Unternehmensübernahme weiter mindert.
Um diesen Missständen entgegenzuwirken, ist eine verstärkte öffentliche Förderung erforderlich. Programme wie der Hamburg-Kredit Mikro bieten Existenzgründern finanzielle Unterstützung von bis zu 25.000 Euro, während Selbstständige mit längerer Markterfahrung sogar bis zu 40.000 Euro erhalten können. Diese finanziellen Mittel können entscheidend sein, um unternehmerische Vorhaben zu realisieren und die erforderlichen Sicherheiten zu schaffen.
Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Freie und Hansestadt Hamburg die Relevanz der Unternehmensnachfolge erkennt und entsprechende Maßnahmen ergreift. Derzeit fehlt es an einer zentralen Anlaufstelle, die Übergeber und Interessierte zusammenbringt und individuelle Beratungen anbietet. Positive Ansätze wie die Nachfolgelotsen für das Hamburger Handwerk zeigen, dass es möglich ist, Nachfolgeprozesse aktiv zu begleiten und zu fördern.
Ein weiterer Schritt in die richtige Richtung wäre der Ausbau von Qualifizierungs- und Weiterbildungsangeboten, die speziell auf die Bedürfnisse von Migranten zugeschnitten sind. Diese könnten beispielsweise durch Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds finanziert werden. Zudem sollte die interkulturelle Kompetenz der Beratenden gestärkt werden, um Migranten besser zu unterstützen.
Insgesamt zeigt sich, dass Migrantinnen und Migranten das Potenzial haben, die Lücke in der Unternehmensnachfolge zu schließen und damit einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Innovation zu leisten. Ihre Integration in den deutschen Unternehmenssektor könnte nicht nur zur Stabilität der Wirtschaft beitragen, sondern auch die Vielfalt und Kreativität innerhalb der Unternehmenslandschaft fördern. Es ist an der Zeit, die Chancen zu erkennen und die notwendigen Schritte zu unternehmen, um Migranten in die Unternehmensnachfolge einzubeziehen und ihre Fähigkeiten zu nutzen.
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